Bulimie verstehen
Langes Hungern kann aber auch dazu führen, dass, wenn man dann doch etwas zu sich nimmt, man gar nicht mehr aufhören kann zu essen. Der „Körper“ entwickelt so eine Gier, die man gar nicht stoppen kann. Dann sprechen wir von Heißhungergefühlen und Essanfällen. Die Versagensgefühle danach sind groß und oftmals unerträglich. Erbrechen scheint die einzige Möglichkeit zu sein, die fehlende Kontrolle wieder zu bekommen und die Versagensgefühle zu reduzieren.
Essen kann aber auch die Bedeutung der Entspannung, des Loslassens, der “Freiheit” (ich esse alles was ich will und so viel ich will) bekommen. Bei großem Leistungs- und Anpassungsdruck in der Schule, Familie oder Clique kann Essen scheinbar als Spannungsabbau dienen. Die Betroffenen essen große Mengen hochkalorischer Nahrung und “beamen” sich während des Essens innerlich weg. Sie essen wie in Trance. Anschließend erbrechen sie das Essen und erleben zunächst Erleichterung und Befreiung nicht nur von der großen Nahrungsmenge sondern auch von dem Druck und der damit verbundenen Anspannung. Je öfter sie das Essen und Erbrechen als Spannungsabbau nutzen, desto mehr verlieren sie die Kontrolle über ihr Essverhalten und geraten in die Ess-Brech-Sucht. Versagens- und Schamgefühle können die Folge davon sein. Durch übermäßiges Sporttreiben versuchen die Betroffenen wieder die Kontrolle über den Körper zu bekommen und ihrer Angst vor dem Dickwerden entgegenzuwirken.
Frühe Symptome für Ess-Brech-Sucht können sein:
- ständiges Wiegen
- wiederholtes Überprüfen der Figur im Spiegel
- übermäßige Angst vor Gewichtszunahme
- ständiges gedankliches Kreisen ums Essen
- heimliches Essen und nächtliche Essanfälle
- hohe Bereitschaft zur Anpassung
- Perfektionismus
Nicht immer sind bei gestörtem Essverhalten oder einer Ess-Störung die Symptome eindeutig zuzuordnen. Es gibt unterschiedliche Mischformen. So können sich Symptome einer Magersucht mit Symptomen einer Ess-Brech-Sucht abwechseln oder umgekehrt.
Die Gründe zur Entwicklung einer Ess-Störung sind ganz verschieden. Allen gemeinsam liegt eine persönliche Belastung, ein Kummer zugrunde. Ess-Störungen sind Strategien der Betroffenen, um allein mit diesen Gefühlen zurechtzukommen. Es ist der Versuch selbst dafür zu sorgen, sich gut, besonders oder einfach nur stark zu fühlen.